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Beitrag vom 31.08.2007
Kristin Asbjoernsen – Wayfaring stranger
Silvy Pommerenke
Wenn man (oder auch frau) auf eine weibliche Antwort auf Tom Waits immer schon gewartet hat, dann ist diese norwegische Sängerin mit Sicherheit in der Pole Position! Asbjørnsen hat all die...
...Eigenschaften, die man für ein extravagantes Musikalbum benötigt: viel Blues mit ein bisschen Alternative gemischt, und zu guter Letzt noch einen Schuss Gospel beigemengt.
Das klingt dann wie eine Mixtur aus oben genanntem Waits mit der verstorbenen Janis Joplin, denen die Stimmbänder allerdings ein wenig geglättet wurden. Oder besser noch: es hat den Hauch von einer Jam Session Joan Baez` und Miss Joplins, die sich unter dem Dach von Mahalia Jackson getroffen hätten. Unsere nordischen Anrainerstaaten überraschen doch immer wieder mit extrem ausgefallener Musik, die abseits des Mainstreams liegt.
Kristin Asbjørnsen hat ein spirituelles "Songbook" aufgenommen, ohne dabei jedoch in großartigen Kitsch zu verfallen. Immer wieder betont sie in ihren Songtexten, dass sie auf dem Weg nach Hause sei. Dazu ruft sie regelmäßig ihren Gott an, und tut dies so, dass es die einen als Gebet, die anderen mit Sicherheit nicht als störend empfinden. "Wayfaring stranger" ist ein Album, das zum Zuhören und Nachdenken gedacht ist. Wahlweise gibt man sich ausschließlich der Reibeisenstimme hin (das geht!), oder aber man versinkt in den gebetsartigen Texten. Die Sängerin ist als wandernde Fremde in ihren Liedern unterwegs und steht nicht allein damit, dennder begnadete Counter-Tenor Andreas Scholl hat vor einigen Jahren ein gleichnamiges Album veröffentlicht. Originär handelt es sich allerdings bei der Norwegerin um wiederentdeckte afroamerikanische-Spirituals, die sie durch ihre schwarze Gesangslehrerin Ruth Reese aus Chicago lieben gelernt hatte. Nach ihrem Tod im Jahre 1990 vermachte sie Asbjørnsen ihr umfangreiches Songbook mit Spirituals. Somit ist dieses erste Soloalbum Kristins quasi ein Tribut an ihre alte Lehrerin und deren Vorfahren. "Der Reichtum dieser Lieder ging mir gleich sehr nahe. Ich fühlte mich überwältigt und hatte zugleich das unstillbare Verlangen, mir einen eigenen Zugang zu diesen Songs zu erschließen."
Begonnen hat die Sängerin - nach einem Musikstudium am Konservatorium in Trondheim - vor zehn Jahren im Quartett "Kvitretten", zu dem auch Solveig Slettahjell gehörte. Während diese sich eindeutig dem Jazz verschrieben hat, ging Asbjørnsen einen anderen Weg. Bevor sie "Wayfaring stranger" aufnahm, sang sie noch in den Bands "Krøyt" und "Dadafon", die sich der Texte Walt Whitmans, Charles Bukowskis und einiger norwegischer Literaten annahmen.
Anspieltipps: "I`m on my way" ist wundervoll melancholisch und dramatisch inszeniert. Vor allem durch die männlichen Gegenparts von Jarle Bernhoft und Jostein Ansnes. Außerdem ist "Ride up in the chariot" großartig von der 36-jährigen interpretiert worden. Die weiße Hautfarbe Asbjørnsens (mit Sommersprossen!) tut dem schwarzen feeling keinen Abbruch!
Konzerthinweis: 10. September 2007 im Berliner A-Trane (Bleibtreustraße 1 / Ecke Pestalozzistraße, 10625 Berlin – Charlottenburg)
Kristin Asbjørnsen im Netz: http://www.kristinsong.de
AVIVA-Tipp: Aus dem Land der Mittsommernacht erklingen ungewöhnlich bluesige Gospel-Rhythmen. Kristin Asbjørnsen hat ein glänzendes Album mit afroamerikanischen Traditionals eingespielt, das den eigentlichen UrheberInnen mehr als gerecht wird!
Kristin Asbjørnsen
Wayfaring stranger – a spiritual songbook
Label: Universal / Emarcy, August 2007
EAN: 602517050617